- Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit nach einem DBA von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Wird ein solcher Nachweis erst geführt, nachdem die Einkünfte in eine Veranlagung zur Einkommensteuer einbezogen wurden, ist der Steuerbescheid insoweit zu ändern (§ 50d Abs. 8 EStG).
- Ein solcher Nachweis der Besteuerung von Arbeitslohn im Ausland kann durch eine Arbeitgeberbescheinigung erfolgen. Die Vorlage eines Einkommensteuerbescheides und einen hierauf bezogenen Zahlungsnachweises sind für die Inanspruchnahme der Freistellung (§ 50d Abs. 8 EStG) nicht in jedem Fall notwendig. Das Finanzgericht (FG) Münster entschied mit Urteil vom 17.04.2020.
- Der Kläger war im Jahr 2008 an insgesamt 241 Tagen für seine inländische Arbeitgeberin in Indien tätig, verfügte aber weiterhin über einen Wohnsitz in Deutschland. Ein im Auftrag der Arbeitgeberin tätiger indischer Steuerberater erstellte eine Auflistung, aus der die Höhe der indischen Lohnsteuern hervorgeht und die auch den Namen des Klägers enthält. Ferner existieren Zahlungsbelege über die von der Arbeitgeberin gezahlten Beträge. Eine Einkommensteuererklärung gab der Kläger in Indien nicht ab.
- Das Finanzamt unterwarf den indischen Arbeitslohn des Klägers der deutschen Besteuerung. Eine Freistellung komme gem. § 59d Abs. 8 EStG nicht in Betracht, weil die tatsächliche Steuerzahlung im Ausland nicht durch Steuerbescheid oder personenbezogene Quellensteuerbescheinigung nachgewiesen worden sei. Zur Begründung seiner nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trug der Kläger vor, dass die in Indien abgeführte Lohnsteuer abgeltende Wirkung entfalte und er keine weiteren Unterlagen vorlegen könne.
- Der inländische Arbeitslohn des Klägers ist von der deutschen Besteuerung freizustellen und lediglich dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen. Aufgrund seines inländischen Wohnsitzes ist der Kläger im Streitjahr 2008 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen. Der in Indien erzielte Arbeitslohn ist jedoch nach den Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit Indien von der deutschen Besteuerung freizustellen, weil der Kläger sich an mehr als 183 Tagen in Indien aufgehalten hat.
- Dem steht die gesetzliche Regelung, wonach eine Freistellung nach einem DBA nur gewährt wird, wenn der andere Staat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat oder ein Nachweis über die Festsetzung und Entrichtung der ausländischen Steuern vorgelegt wird, nicht entgegen.
- Der Arbeitnehmer hat vollumfänglich nachgewiesen, dass sein Arbeitslohn in Indien versteuert wurde. Dies ergibt sich aus der Aufstellung des indischen Steuerberaters und der ergänzenden Bescheinigung des Arbeitgebers.
- Selbst wenn der Kläger verpflichtet gewesen wäre, in Indien eine Steuererklärung abzugeben, lässt dies die inländische Freistellung des Arbeitslohns nicht entfallen, weil tatsächlich eine indische Besteuerung stattgefunden hat. Entscheidend ist lediglich, dass der Arbeitslohn überhaupt besteuert wurde. Ob Steuern in zutreffender Höhe gezahlt wurden, ist nicht von Bedeutung.
- Die Vorlage eines Jahressteuerbescheids und eines Zahlungsbelegs ist nach Sinn und Zweck der Regelung in § 50d Abs. 8 EStG nicht zwingend geboten und wird auch von der Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 03.05.2018) nicht verlangt.
Quelle: Finanzgereicht Münster-Urteil vom 17.04.2020 – 1 K 1035/11 E