- Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers erlischt regelmäßig nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor über seinen Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat. Dies gelte nicht nur für das laufende Kalenderjahr, sondern auch für den Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren, so das Landesarbeitsgericht (LAG) in Köln.
- Der Kläger war in der Zeit vom 01.09.2012 bis zum 31.03.2017 als Bote bei dem beklagten Apotheker beschäftigt. Bezüglich der Urlaubsansprüche des Klägers trafen die Parteien im Arbeitsvertrag eine Regelung, wonach der Kläger seinen Jahresurlaub auf eigenen Wunsch in Form einer wöchentlichen Arbeitszeitverkürzung nimmt. Statt der bezahlten 30 Stunden pro Woche arbeitete der Kläger nur 27,5 Stunden pro Woche. Die Gewährung darüberhinausgehenden Urlaubs hat der Kläger während des Arbeitsverhältnisses nicht verlangt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses begehrte der Kläger einen finanziellen Ausgleich für in den Jahren 2014, 2015 und 2016 nicht gewährten Urlaub. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Der Kläger legte vor dem LAG Berufung ein und bekam nun recht.
- Die Urlaubsansprüche des Klägers seien nicht durch den geringeren Arbeitszeitumfang erfüllt worden. Die wöchentliche Arbeitszeitverkürzung stelle keinen Erholungsurlaub im Sinn des Bundesurlaubsgesetzes dar. Die Urlaubsansprüche des Klägers seien auch nicht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Unter Berücksichtigung des europäischen Rechts verfalle der Urlaub eines Arbeitnehmers in der Regel nur, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor konkret aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen habe, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlösche.
- Entsprechende Vorgaben habe der EuGH in seiner Entscheidung vom 06.11.2018 gemacht (C-684/16). Dem Arbeitgeber obliege die Initiativlast, im laufenden Kalenderjahr den Arbeitnehmer konkret aufzufordern, den Urlaub zu nehmen. Diese Obliegenheit beziehe sich auch auf Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren.
Quelle: LAG Köln-Urteil vom 09.04.2019 – 4 Sa 242/18 (Pressemitteilung 2/19)