Kundenservice Veranstaltungen: 02234-9894940
Kundenservice Bücher: 089-21837921
Aboservice Zeitschriften: 089-21837110

Kündigung der Geschäftsführerin eines Vereins wegen illoyalen Verhaltens; Ausschlussfrist nach § 626 Abs. 2 BGB; Anhörungsfrist

Dies sind die Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 01.06.2017 – 6 AZR 720/15 -:

  1. Die Verfassung eines rechtsfähigen Vereins wird grundsätzlich durch die Vereinssatzung bestimmt (§ 25 BGB). Gemäß § 40 Satz 1 BGB sind die gesetzlichen Vorgaben bzgl. der Beschlussfassung eines Vereinsvorstands nach § 28 iVm. § 32 BGB satzungsdispositiv. Ein Verein kann insoweit selbst bestimmen, welche Voraussetzungen für einen wirksamen Vorstandsbeschluss erfüllt sein müssen. Dementsprechend kann zur Sicherung der Handlungsfähigkeit des Vereins in einer Vereinssatzung festgelegt werden, dass die Beschlussfähigkeit des Vorstands auch dann gegeben ist, wenn nicht alle Vorstandsposten besetzt sind.
  2. Der Arbeitnehmer ist gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, Störungen des Betriebsfriedens oder Betriebsablaufs zu vermeiden. Verhält sich ein Arbeitnehmer bewusst illoyal gegenüber Vorgesetzten und führt dies zu einer gewichtigen Störung des Betriebsfriedens, kann eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ggf. auch ohne Abmahnung gerechtfertigt sein.
  3. Betreibt die Geschäftsführerin eines Vereins durch gezieltes Einwirken auf Vereinsmitglieder die Abwahl des Vereinsvorsitzenden oder des gesamten Vorstands, wird der Vereinsfriede hierdurch erheblich gestört.
  4. Bei Pflichtverletzungen, die zu einem Gesamtverhalten zusammengefasst werden können, beginnt die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erst mit Kenntnis des letzten Vorfalls, der ein weiteres und letztes Glied in der Kette der Ereignisse bildet, die in ihrer Gesamtheit zum Anlass für eine Kündigung genommen werden.
  5. Der Kündigungsberechtigte, der bislang nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB zu laufen begänne. Soll der Kündigungsgegner angehört werden, muss dies innerhalb einer kurzen Frist erfolgen. Sie darf im Allgemeinen nicht mehr als eine Woche betragen. Der Beginn der einwöchigen Anhörungsfrist richtet sich wie bei der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nach dem Kenntnisstand des Kündigungsberechtigten bzgl. des möglichen Kündigungsgrunds.
  6. Ob die Anhörung tatsächlich zu einem Aufklärungsergebnis geführt hat, lässt sich erst nach ihrer Durchführung einschätzen und ist für vorgelagerte Frage, ob eine Anhörung für erforderlich gehalten werden durfte, ohne Belang.
  7. Die Anforderungen an eine fristhemmende Anhörung richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Anhörung muss sich aber immer auf einen greifbaren Sachverhalt beziehen. Der Anzuhörende muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen ggf. zu bestreiten und Tatsachen aufzuzeigen, welche die für die Kündigung sprechenden Umstände entkräften.