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Eigenkündigung des Arbeitnehmers; Insolvenz des Arbeitgebers; Inanspruchnahme der Arbeitsleistung durch starken vorläufigen Insolvenzverwalter; insolvenzrechtliche Einordnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Insol

Orientierungssätze des Teilurteils des BAG vom 10.09.2020 – 6 AZR 94/19 (A) -:

1. Das Erfordernis eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB besteht auch für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers (Rn. 22).

2. Das Berufen eines Arbeitnehmers auf das Fehlen eines wichtigen Grundes und die daraus folgende Unwirksamkeit seiner eigenen Kündigung ist regelmäßig treuwidrig (Rn. 23).

3. Wird der Arbeitnehmer vom (starken vorläufigen) Insolvenzverwalter zur Arbeitsleistung herangezogen, sind nicht nur die Ansprüche, die unmittelbar auf seiner tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung beruhen, nach § 55 Abs. 2 Satz 2 bzw. § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO als (Neu-)Masseverbindlichkeit zu berichtigen. Diesen insolvenzrechtlichen Rang haben auch entgeltfortzahlungspflichtige „unproduktive“ Ausfallzeiten. Gleiches gilt für den Urlaubsabgeltungsanspruch (Rn. 42 ff.).

4. Der Sechste Senat ist der Auffassung, dass eine zeitanteilige Berichtigung als (Neu-)Masseverbindlichkeit von Ansprüchen der Arbeitnehmer, die vom (starken vorläufigen) Insolvenzverwalter zur Arbeitsleistung herangezogen werden, der Systematik der Insolvenzordnung widerspricht, soweit diese Ansprüche nicht bereits vertraglich, tariflich oder gesetzlich ratierlich ausgestaltet sind. Er beabsichtigt daher, seine diesbezügliche, für Sonderzahlungen ergangene Rechtsprechung aufzugeben (Rn. 59).

5. Der Sechste Senat möchte weiter die Auffassung vertreten, dass bei Insolvenz des Arbeitgebers der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung vollständig als Masseverbindlichkeit zu berichtigen ist, falls der starke vorläufige Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO in Anspruch genommen hat. Dementsprechend ist der Urlaubsabgeltungsanspruch im eröffneten Insolvenzverfahren bei Inanspruchnahme der Arbeitsleistung nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit eine Neumasseverbindlichkeit nach § 209 Abs. 1 Nr. 2 iVm. Abs. 2 Nr. 3 InsO (Rn. 55 ff.).

6. Damit weicht der Senste Senat jedoch von der Rechtsprechung des Neunten Senats ab, wonach im Anwendungsbereich des § 209 Abs. 2 Nr. 3 InsO nur der auf die Dauer der nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit tatsächlich entgegengenommenen Arbeitsleistung entfallende „anteilige“ Geldwert des Urlaubs eine Neumasseverbindlichkeit darstellt (Rn. 55 ff.).

7. Der Sechste Senat fragt nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG beim Neunten Senat an, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhält (Rn. 60).