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Außerordentliche Kündigung; Betriebsratsmitglied; Kündigungserklärungsfrist

Dies sind die Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 01.10.2020 – 2 AZR 238/20 -:

1. Bedarf es gem. § 103 Abs. 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats zu einer außerordentlichen Kündigung und hat der Arbeitgeber innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB beim Betriebsrat die erforderliche Zustimmung ordnungsgemäß beantragt sowie bei deren ausdrücklicher oder wegen Fristablaufs zu unterstellender Verweigerung das Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung nach § 103 Abs. 2 BetrVG beim Arbeitsgericht eingeleitet, ist die Kündigung nicht wegen einer Überschreitung der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB unwirksam, wenn das Zustimmungsersetzungsverfahren bei ihrem Ablauf noch nicht abgeschlossen ist. Die Kündigung kann vielmehr auch noch nach Ablauf der vorgenannten Frist erfolgen, wenn sie unverzüglich nach der rechtkräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Ersetzung der Zustimmung erklärt wird. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 174 Abs. 5 SGB IX (Rn. 14).

2. Endet der Sonderkündigungsschutz des Amtsträgers während des laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens, muss der Arbeitgeber die Kündigung in entsprechender Anwendung des § 174 Abs. 5 SGB IX unverzüglich erklären, nachdem er Kenntnis von der Beendigung des Sonderkündigungsschutzes erlangt hat (Rn. 14).

3. An den vorstehenden Grundsätzen ändert es nichts, wenn der Arbeitgeber während des laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens gem. § 103 Abs. 2 BetrVG gegenüber dem an diesem beteiligten Arbeitnehmer eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zustimmung des Betriebsrats erklärt. Eine solche Kündigung lässt für sich genommen das Ersuchen um Zustimmung gegenüber dem Betriebsrat und den Fortgang des gerichtlichen Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG unberührt (Rn. 15).

4. Solange der Arbeitnehmer sein Ersuchen um Zustimmung gegenüber dem Betriebsrat prozessual aufrechterhält und das gerichtliche Ersetzungsverfahren andauert, kommt auch ein „Verbrauch“ der zu den fraglichen Kündigungsgründen erfolgten Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG durch den Ausspruch einer auf diese Gründe gestützten Kündigung für die beantragte Zustimmungsersetzung nicht in Betracht (Rn. 15).