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Außerordentliche Kündigung; Kurzerkrankungen; Referenzzeitraum; Entgeltfortzahlungskosten; Benachteiligung von behinderten Menschen

Orientierungssätze des Urteils des BAG vom 25.04.2018 – 2 AZR 6/18 -:

1. Bei einer Kündigung, die auf häufige Kurzerkrankungen gestützt wird, ist zur Erstellung der Gesundheitsprognose – vorbehaltlich des Vorliegens besonderer Umstände des Einzelfalls – regelmäßig ein Referenzzeitraum von drei Jahren vor Zugang der Kündigung bzw. vor Einleitung des Verfahrens zur Beteiligung einer bestehenden Arbeitnehmervertretung zugrunde zu legen (Rn. 23).

2. Eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist eines ordentlich unkündbaren Arbeitsverhältnisses kann gerechtfertigt sein, wenn aufgrund der zu erwartenden Entgeltfortzahlungskosten ein gravierendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Wann dies der Fall ist, hängt von den Voraussetzungen und der Ausgestaltung des dem Arbeitnehmer eingeräumten tariflichen Sonderkündigungsschutzes ab (Rn. 38).

3. Unter Geltung einer tariflichen Regelung wie derjenigen in § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-L ist eine Äquivalenzstörung, die – vorbehaltlich einer umfassenden Interessenabwägung – einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung mit notwendiger Auslauffrist bilden kann, anzunehmen, wenn damit zu rechnen ist, der Arbeitgeber werde für mehr als ein Drittel der jährlichen Arbeitstage Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten müssen (Rn. 39).

4. In dieser Auslegung verstoßen § 34 Abs. 2 Satz 1 TV-L, § 626 Abs. 1 BGB in Bezug auf Fälle, in denen die häufigen Kurzerkrankungen auf eine Behinderung des Arbeitnehmers zurückzuführen sind, nicht gegen die Vorgaben der RL 2000/78/EG. Mit der Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist im Fall einer gravierenden, den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses betreffenden Äquivalenzstörung verfolgen die Tarifvertragsparteien und der nationale Gesetzgeber in verhältnismäßiger Weise ein rechtmäßiges Ziel iSv. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b (i) der Richtlinie (Rn. 41).

 

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